Im vergangenen Monaten habe ich kein deutschsprachiges Buch gelesen. Warum? Wahrscheinlich waren die Themen, mit denen ich mich in der letzten Zeit auseinandergesetzt habe, eher von englischsprachigen Autoren erarbeitet worden. Umso mehr war es für mich eine positive Überraschung, sowie auch einfach eine sehr gern willkommene Abwechslung über ein neu erschienenes Buch zu stolpern, welches von Leidensgenossen geschrieben wurde. Die Familiengeschichte von Filipp ähnelt in einigen Aspekten sehr der meinen, daher kann ich mich wahrscheinlich mehr als manch anderer in die Situation hineinversetzen, wenn der junge Autor über seine Mutter und ihre Kochkünste schreibt. Als ich es zu Chanukka gelesen und mit Freunden darüber gesprochen habe, sorgte es immer wieder für ein Schmunzeln auf deren Gesichtern.
Doch worum geht es im Buch „Russland Meschugge“ eigentlich? Seit frühen Kindestagen leben Filipp und seine Familie in Deutschland und nach mehr als 20 Jahren begibt er sich auf ein Abenteuer in die „Heimat“. In einer sehr lebhaften Mischung von Geschichten aus der Transsibirischen Eisenbahn und der eigenen Familiengeschichte beschreibt Filipp seine Sicht auf Russland heute.
Über eine Fahrt mit der Transib träumte ich auch eine Zeit lang. Als ich dann eine Einladung auf eine renommierte Konferenz erhalten habe, die zufällig in Moskau stattfand, habe ich mit Teilen meiner Familie diskutiert, die auch dort noch leben und am Ende habe ich verstanden, dass ich noch nicht bereit war die Heimat meiner Familie zu besuchen. Ob es irgendwann doch mal passiert - wer weiß das schon, ein Abenteuer würde es bestimmt ebenfalls werden.
Im Verlauf des Buches trifft man auf eine ganze Reihe an spannenden Charakteren. Zu Beginn natürlich die Eltern und Großeltern, die vieles liegen lassen um aus dem damaligen System zu entkommen und in einem komplett anderen Alltag das Leben neu zu beginnen. An der Seite des Protagonisten reist seine Freundin Sarah mit; eine tapfere Begleiterin, die kein Wort russisch versteht und als Fotografin die Situationen von Außen betrachtet. Alle weiteren Persönlichkeiten sind Begegnungen auf den Stationen der Reise und im Zug. Viele Couchsurfer und trinkfeste Männer, die beim morgendlichen Tee in der Transib zu Unterhaltungen anregen.
Russland Meschugge ist ein tolles autobiografisches Werk das über Familie, Politik und Träume denken lässt und für unterhaltsame Stunden sorgt. Auch wenn man keine direkte Beziehung zur ehemaligen Sowjetunion hat aber verstehen möchte, warum wir manchmal so ticken wie wir ticken, ist dieses Buch ein absolutes muss.
Mit einem nicht zu übersehbaren Buchcover ist das Buch seit Ende November in allen gängigen Buchhandlungen und auch bei Amazon verfügbar.