Wie jeden März, veranstaltet der Deutsche Koordinierungsrat für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, die Woche der Brüderlichkeit. Als Auftaktveranstaltung wird jedes Jahr die Buber-Rosenzweig-Medaille verliehen, in diesem Jahr an Prof. Dr. Erich Zenger, einen renommierten katholischen Wissenschaftler den viele, abgesehen von seinen Arbeiten, auch kennen, da er den Begriff "Erstes Testament" für die jüdische Bibel einführte.
Im Rahmen der Woche der Brüderlichkeit veranstaltete man 25. März 2009 einen Dialog zwischen Rabbiner Dr. Henry Brandt und Erich Zenger in Dortmund. Eine solche Veranstaltung durfte man nicht verpassen.
Eingeladen wurde zu einem Dialog zum Thema: „Die Bibel Israels – Grundlage des christlich-jüdischen
Dialogs“.
Es kamen zirka 120 Menschen in die Kirche um dabei zu sein, wenn zwei Theologen über ein solches Thema sprechen.
Es wurde 19.00 Uhr und die Veranstaltung sollte beginnen, doch dann fingen die Veranstalter an sich nervös durch die Kirche zu bewegen; sie waren auf der Suche nach Zenger, der immer noch nicht da war. Ein Pfarrer erzählte den Teilnehmern von diesem kleinen Problem und bat um Verständnis noch ein bisschen zu warten.
Doch nach dem es schon skurril wurde, begann man zu improvisieren.
Rabbiner Dr. Brandt sollte zunächst beginnen und dieses Thema aus der Sicht des Judentums präsentieren. Es war auch für Rabbiner Dr. Brandt war es eine komische Situation, doch er blieb ruhig und begann mit den Grundbausteinen, damit man dieses Thema überhaupt verstehen kann:
"Wenn Christen und Juden die jüdische Bibel lesen, so lesen beide Religionen den selben Text, doch trotzdem verstehen sie nicht das gleiche. Es sind die Ansichtsweisen, die das Verstehen unterscheiden. Doch auch schon bei einer Übersetzung eines Textes kann es vorkommen, dass die wörtliche Bedeutung unterschiedlich ist. Da ein, zum Beispiel germanische Theologe, eher einen Begriff so übersetzen würde, wie es in seiner theologischen Ansicht nach passt. Doch dies ist nur ein "Nebenkriegsschauplatz" bei dem Lesen der Bibel.
Des weiteren klärte Rabbiner Dr. Brandt auf, dass viele Christen das Neue Testament als Fortsetzung vom Alten Testament sehen. Doch eigentlich ist es, so Brandt, ein ziemlich radikaler Bruch. Juden haben keine kanonische Beziehung zum Neuen Testament, für das Judentum ist das Erste Testament vollendet.
Außerdem sprach man über Propheten und wie sie ohne die Torah nicht vorstellbar wären, den Begriff und die Definition von Weisungen und was Weisungen sind und welche Konsequenzen sie haben können.
Nach diesem einstündigen Referat aus der Sicht des Judentums, wäre jetzt die Zeit gekommen, dass Zenger dies nun aus der Sicht des Christentums deutet, doch er war immer noch nicht da.
Damit aber wenigstens ein Wechsel stattfindet, wechselte Rabbiner Brandt seinen Platz und es begann eine offene Fragerunde.
Viele gingen dabei auf die asymmetrische Beziehung zwischen Christen und Juden ein, aber auch auf die Begriffe Weisung, Heil und Paulus, der den Juden die Torah abgesprochen hätte.
Eine etwas komische Frage kam ein einem Lehrer der evangelischen Religion der fragte, welche Bedeutung das Wort Evangelien für Juden hat. Daraufhin folgte die kürzeste Antwort des Abends von Rabbiner Brandt: "Keine, ganz einfach!" Nach mehr als einer weiteren Stunde für Fragen aus dem Publikum fragte Rabbiner Brandt: "Wann lasst Ihr den Rabbiner endlich ins Bett gehen?" und nach einer kurzen Zusammenfassung der vergangenen zweieinhalb Stunden beendete man die Veranstaltung.
Zusammenfassend kann man sagen, dass trotz des kleinen Fauxpas mit dem fehlenden Referenten der Abend eine sehr warme und positive Erinnerung hinterlassen hat. Auch eine solche Veranstaltung mit nur einem Referenten öffnete für die vor allem nichtjüdischen Teilnehmer neue Ansichten.