Vor einigen Tagen war Jom Kippur - das Versöhnungsfest.
An diesem Tag beenden wir die "Zehn Tage der Umkehr" und konzentrieren uns auf unseren Gebeten zu G-tt.
Dabei bitten wir G-tt, dass er uns in das Buch des Lebens einträgt, wir entschuldigen uns für alle Sünden, die wir im vergangenen Jahr begangen haben.
Damit wir uns auf das Gebet zu G-tt vollständig konzentrieren können, gelten bestimmte Gebote; das bekannteste ist, dass man an Jom Kippur fastet. Mehr als 24 Stunden isst und trinkt man nichts.
Außerdem gelten verschiedene andere Gebote, unter anderem, dass man sich an diesem Tag nicht in Leder bekleiden soll usw.
In vielen Gemeinden gibt es den Trend, dass Menschen in einem schicken Anzug und Chucks oder anderen Turnschuhen zum Gebet kommen. Manchmal sieht es ziemlich komisch aus, aber dennoch, ich mag dieses Gebot, vor allem, wenn man lange an Jom Kippur beten muss, da sind bequeme Schuhe und ein weicher Stuhl immer sehr angenehm.
Von vielen Freunden und Bekannten erfahren wir, wie Jom Kippur war, wir erhalten Fotos von den Orten in denen sie den Tag verbracht haben und lesen Texte von ihren Reden und Erfahrungen des Tages.
Deshalb dachte ich mir, dass ich hier jetzt auch ein bisschen über mein Jom Kippur 5769 erzählen werde.
Beginnen tut Jom Kippur mit "Kol Nidre" - Alle Schwüre/Gelübte.
Seit dem 14. Jahrhundert ist "Kol Nidre" bekannt, damals trafen sich die Marranen in Spanien zu geheimen Treffen jährlich und beteten dieses Gebet. Marranen waren damals Juden, die in der Zeit der Spanischen Inquisition zum Übertritt in das Christentum gezwungen wurden, aber dennoch ihren jüdischen Ursprung nicht vergaßen.
Diese geheimen Treffen in Kellern und Verstecken zu Kol Nidre konnten wir dieses Jahr gut nachvollziehen, als wir Kol Nidre bei einer der ältesten liberalen Gemeinden Nordrhein-Westfalens in Köln verbrachten.
Die Gemeinde befindet sich in einem Kellerraum einer Kirche. In diesem Raum, in dem außer vielen Stühlen und Tischen es noch eine Bibliothek und einen Aaron HaKodesch. Wir trafen alte Bekannte sowie auch Leute, die den G-ttesdienst in Düsseldorf besuchen.
Während des G-ttesdienstes wurden aus dem speziellen Machsor (Gebetbuch zu Feiertagen) verschiedene Texte/Psalme/Gebete aus unterschiedlichen Sprachen vorgelesen, dabei saßen Frauen mit Männern gemeinsam in einem Halbkreis um die Bima an der der Vorbeter stand.
Im Gebet Kol Nidre bitten wir G-tt, dass er alle Schwüre, die wir geleistet haben, ungültig macht.
Den restlichen Jom-Kippur-Tag verbrachten wir in Dortmund, der Stadt in der wir wohnen.
In Dortmund gibt es einige Traditionen, die sich mit den Jahren nie ändern:
Der gesammte G-ttesdienst wird im großen Saal der Gemeinde durchgeführt in dem es auch einen fest montierten Aaron HaKodesch (Torahschrank) gibt, es gibt immer Pflanzen, die den Saal schmücken, Melodien, die viele kennen, werden gesungen, es gibt fast schon einen Chor der Gemeindemitglieder bei bestimmten Augenblicken während des Gebetes, außerdem gibt es nicht nur Alijot (Erhebung / Aufruf) zur Torah, sondern auch noch zum Aaron HaKodesch - dabei wird der Aaron HaKodesch geöffet und die Gemeinde erhebt sich.
Die Gebetssaal ist dabei so aufgeteilt, dass Männer und Frauen getrennt auf einer Ebene sitzen, zwischen den beiden Sitzreihen stehen Pflanzen, als Rabbi Brandt noch in Dortmund war, war es so, dass die Torahrolle durch die Männer- & Frauenhälfte durchging, nun, da in Dortmund ein orthodoxer Rabbiner amtiert, ist es so, dass man nur noch die Männerhälfte durchgeht, dabei muss der Kantor und der Rabbiner einen sehr schmalen Weg zwischen Stühlen und Pflanzen durchgehen. Da dieser Weg ziemlich eng ist, war es dieses Mal so, dass der Kantor eine der Pflanzen anstieß und zum umstürzen brachte.
Danach meint er ganz laut, dass er diesen Weg hasse.
Die Männerhälfte in der großen Synagoge ... Foto nach Jom Kippur gemacht.
Auch wenn die Gemeinde nun einen orthodoxden Rabbiner hat, ist es dennoch so, dass viele Frauen und Männer einander während des G-ttesdienstes besuchen und miteinander reden.
Obwohl wir mit vielen Gemeinden in Kontakt sind, so verbringen wir Jom Kippur immer in Dortmund. Bei uns in Dortmund ist nicht nur das Gebet besonders, sondern auch der Kiddusch. Nach dem Ende von Jom Kippur gibt es einen kleinen Kiddusch in einem kleinen Saal. Zum Kiddusch ist es immer Hering, Challa, süßes Brot, Tee und Wein.
Wir treffen immer unsere alten Bekannte, dies gibt Jom Kippur eine bestimmte Ruhe und Freude, auch wenn es ein bedeutender Tag ist - halt eben Jom Kippur.