Soeben hat einer der bekanntesten jüdischen Fastentage angefangen.
Seit vielen Jahren ist es bei mir schon fast Tradition, dass ich Tischa b'Av auf eine ungewöhnliche Art und Weise erlebe.
Tischa b'Av fällt meistens in die Sommerferien, deshalb ist es so, dass viele Erinnerungen an diesen Fastentag mit Day Camps und Machanot in Verbindung stehen.
Eine relativ alte Erinnerung geht ca. 7 Jahre zurück. Damals arbeitete ich nicht bei Camps, sondern nahm teil, allerdings war dieses Camp von meiner Mutter organisiert worden.
Am Abend vor Tischa b'Av fahren wir durch die Stadt. Was ist daran den so besonders? Naja, seit Ihr schon einmal durch die Stadt gefahren mit dem Ziel möglichst viele Eierkartons zu sammeln?
Wozu Eierkarton? Ganz einfach. Die Idee war, dass die Kinder eine "Klagemauer" aus Eierkarton bauen werden.
Diese Eierkarton-Klagemauer sollte dann in der Gemeinde dazu diesen, dass Gemeindemitglieder und Kinder kleine Zettel mit persönlichen Wünschen schreiben und dort hinterlegen, später wurden die Wünsche an die echte Klagemauer in Jerusalem überbracht.
Doch damit man eine solche Klagemauer baut, braucht man richtig viel Pappe. Und genau darin bestand das Problem. Kein Privathaushalt hat genug Eierkarton für eine Klagemauer, nicht einmal ein Restaurant.
Nach ungefähr 4 Stunden fahrt durch alle möglichen Gaststätten, Märkte, und türkische Imbissbuden gab es dann genug Karton, damit man eine Eierkarton-Klagemauer bauen konnte.
Das ist nur eine der vielen Erinnerungen an Tischa b'Av. Die letzten 2 Jahre viel Tischa b'Av immer auf das Day Camp, bei dem ich Madrich/Rosch war.
Es ist besonders schwierig Kindern zu vermitteln, was überhaupt Tischa b'Av ist.
Denn, wie viele wissen, geschah am 9. des Monats Av (daher auch Tischa b'Av) viel tragisches in der Geschichte.
Die wohl bedeutendsten Unglücke, die am 9. Av sich ereignet haben und im Talmud (mündliche Torah) beschrieben werden sind (chronologisch):
Zu Zeiten des Auszugs aus Ägypten, wurde am 9. Av dem Volk Israel angekündigt, dass sie noch 40 Jahre durch die Wüste wandern müssen.
Dann wurde der 1. Tempel (Salomons Tempel) von den Babyloniern am 9. Av zerstört und die Judäer wurden in babylonische Gefangenschaft verbannt. Das war 586 vor unserer Zeit.
Als ob das nicht genug wäre, im Jahr 70 (unserer Zeit) wurde der 2. Tempel durch die Römer zerstört.
Ebenso schlug auch der Aufstand Bar Kochbas gegen das Römische Reich fehl und schließlich wurden die Judäer aus Israel (damals Judäa) verbannt. Dabei wurden über 100.000 Personen getötet.
Dann gibt es andere tragische Ereignisse aus der Geschichte des Judentums.
Im Jahr 1099 deklarierte Papst Urban der II. den ersten Kreuzzug. 1290 wurden die Juden aus England ausgewiesen. 1492 wurden Juden aus Spanien und Portugal ausgewiesen (Inquisition).
Im Jahr 1914 begann ebenfalls am 9. Av der 1. Weltkrieg.
Eines der Ereignisse, aus der jüngeren Geschichte, ist das Bombenattentat auf das Jüdische Gemeindezentrum in Buenos Aires. Dabei wurden 86 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt.
Und dies alles geschah am 9. Av, unglaublich.